In voller Blüte – Aus dem Leben des Zierkirschen-Enthusiasten Collingwood Ingram
Naoko Abe (2019): Hanami. Die wundersame Geschichte des Engländers, der den Japanern die Kirschblüten zurückbrachte. Aus dem Englischen von Christa Prummer-Lehmair und Rita Seuß. Frankfurt am Main: S. Fischer; 432 Seiten.
Sie ist das Symbol Japans: die Kirschblüte. Die Zierkirschen hüllen im Frühling, wenn sie erblühen, das ganze Land in einen weißen bis zartrosa Schleier. Das Öffnen der Blüten war von jeher zeitlicher Orientierungspunkt für die Bauern, heute geben die weißen Blütenwolken den Rahmen für Kirschblütenfeste im ganzen Land. Sie verleihen dem Jahresablauf seinen Rhythmus: Zur Kirschblütenzeit Anfang April beginnt das neue Schul- und Geschäftsjahr in Japan.
Dabei ist Blüte nicht gleich Blüte. Es gibt viele Varietäten mit ihren ganz bestimmten Eigenarten, die über die Jahrhunderte hinweg mal mehr und mal weniger beliebt waren. Einige wurden ganz vernachlässigt und fielen dem Vergessen anheim.
Es war ein Engländer, der sein Leben der Erforschung, Zucht und Verbreitung der Zierkirsche widmete und verschiedene Varietäten wieder in Japan einführte, nachdem diese dort in freier Wildbahn vermutlich ausgestorben waren: Collingwood „Cherry“ Ingram (1880-1981). Das Buch von Naoko Abe zeichnet seinen Lebensweg nach und bettet diesen in die Zeitgeschichte von Japan und Europa.
Die Autorin
Naoko Abe ist Journalistin und Autorin. 2001 zog sie mit ihrem britischen Ehemann und ihren beiden Söhnen nach London. Dort lebt sie als freie Autorin.
In das Buch, vor allem in Passagen, in denen sie die japanische Geschichte beschreibt, lässt sie immer wieder autobiografische Details einfließen. So erwähnt sie, dass Angehörige ihrer Familie von mindestens vierzehn Generationen, bis zurück in das Jahr 1560, hochrangige Ärzte waren (S. 51).
Über das Buch
Das Buch versammelt die Recherchen, die Naoko Abe auf ihrer „Entdeckungsreise zu den Zierkirschen“ machte. Sie besuchte Archive, botanische Gärten, Gartenbau-Institute, Tempel und Schreine. Sie interviewte Zeitgenossen und Nachfahren von Collingwood Ingram und sprach mit zahlreichen hochrangigen Experten.
01-09. Kirschblüten-Aquarelle von Tsunoi Kōkichi (1921):
01. Somei-Yoshino
02. Ariaki
03. Gyoi-kō
04. Taki-nioi
Das Buch ist gegliedert in einen Prolog und eine Einleitung, einen Hauptteil bestehend aus sieben Kapiteln und einen Epilog. Mehrere Anhänge stellen Informationen bereit: eine Liste der wichtigsten Kirschbaumvarietäten, eine Liste berühmter Kirschblütenorte, ein Apparat ausführlicher Anmerkungen, ein Verzeichnis der Abbildungen, eine Bibliografie und ein Register.
05. Ichi-yō
06. Mikuruma-gaeshi
Sieben Kapitel enthalten insgesamt 53 Abschnitte und bilden gemeinsam mit dem Epilog (2 Abschnitte) den Kern des Buches:
- Die Geburt eines Traums (1-9)
- Gestalten und Sammeln (10-14)
- Die Rettung der sakura (15-21)
- Die Heimkehr der Taihaku (22-29)
- Fallende Blüten (30-38)
- Dunkle Schatten (39-47)
- Kirschen der Versöhnung (48-53)
- Epilog (54-55)
Abes Darstellung folgt damit im Groben dem Lebenslauf von Collingwood Ingram, dessen Darstellung sie in die europäische Geschichte einbettet und mit der Weltgeschichte verknüpft.
07. Jyoniai
08. Kanzan
09. Shirayuki
Die Begeisterung vieler Briten für Pflanzen und Gärten ist legendär. Schon früh wurde versucht, exotische Pflanzen aus den unterschiedlichen Klimazonen britischer Kolonien im Mutterland heimisch zu machen oder in Glashäusern zu kultivieren. Es gibt unzählige Bücher über diese Pioniere, die „Pflanzenjäger“ und Enthusiasten, die berühmte Gärten schufen. „Hanami“ gehört in diese Thematik, der Titel der englischen Ausgabe lautet passenderweise: „Cherry Ingram. The Englishman who saved Japan’s Blossoms“.
Collingwood Ingram in jungen Jahren
Collingwood Ingram (1880-1981) wuchs in einer schillernden Familie auf, sehr reich und äußerst exzentrisch. Das Geld hatten die Collingwoods einem erfolgreichen Vorfahr zu verdanken, der sich als Sohn eines Metzgers zu einem arrivierten Geschäftsmann hochgearbeitet hatte (S. 41).
Als Kind lebte Ingram auf einem großen Anweisen mit einem privaten Hauszoo exotischer Tiere, hatte Albino-Vögel und bis zu 35 Hunde um sich. Er wurde zu Hause unterrichtet, liebte die Natur und das Zeichnen. Diese Verrücktheiten waren nichts Außergewöhnliches im britischen Adel und im gehobenen Bürgertum, viele (Neu)Reiche brannten für ein ganz bestimmtes Interessensgebiet oder pflegten Marotten und Spleens – und nicht wenige schwärmten für Pflanzen. Ingram verschrieb sich zunächst einmal ganz und gar der Vogelkunde.
Wie viele junge, wohlhabende Europäerinnen und Europäer erlebte er im ausgehenden 19. Jahrhundert den Japan-Rausch, die unglaubliche Begeisterung für Japan. Er kaufte Kunstgegenstände – kleine Figürchen (netsuke), Medizindöschen (inrō) und Stichblätter japanischer Schwerter (tsuba) – bevor sie begehrte Sammlerobjekte wurden (siehe: Europa im Farbenrausch und Über Besitz und Verlust). Bei seinen ersten beiden Japanreisen 1902 und 1907 war er von dem Land begeistert, obwohl er schon erkannte, dass Japan gerade dabei war, sich gewaltig zu verändern.
1902 folgte er der Touristenroute zwischen Tōkyō und Kyōto/Ōsaka/Kōbe, die sich seit der Öffnung Japans etabliert hatte und die bis heute die touristisch meist besuchte ist. Er schrieb: „So unwahrscheinlich es für Eingeweihte auch klingen mag, hier (in Japan) verstärkt der Mensch die Schönheit der Natur, statt sie zu schmälern.“ (S. 66).
1907 brach er mit Freunden auf eine dreiwöchige Wander- und Sammeltour auf, um seltene Vögel zu suchen – er war damals auf Hochzeitsreise, und seine schwangere Frau, die mitgereist war, wartete auf ihn in der Stadt (S. 74).
Die Begeisterung für japanische Zierkirschen
Entgeistert von den Inhalten ornithologischer Fachaufsätze wandte sich Ingram von der Vogelkunde ab und entschloss sich dazu, sein Leben den japanischen Zierkirschen zu widmen. Er entwarf sein eigenes theoretisches und praktisches Forschungsprogramm, sammelte zum Thema verfügbare Unterlagen, beobachtete und zeichnete. Über die Jahrzehnte hinweg vernetzte er sich mit begüterten britischen Garten-Enthusiasten und Kirschbaum-Liebhabern weltweit, stellte ihnen seine Züchtungen zu Verfügung, veröffentlichte Aufsätze und 1948 schließlich, mit 68 Jahren, das Standardwerk „Ornamental Cherries“, noch heute ein Klassiker für Gartenbau.
10. Aus einem Pflanzenkatalog der Yokohama Nursery, die Pflanzen weltweit exportierte und heute noch exportiert: Übersicht über verschiedene Varietäten von „Prunus pseudo-cerasus“, November 1910. Dies ist die aktuelle Webseite
– Zierkirschen tragen keine essbaren Früchte, was nicht zur Vorstellung von Europäern über Obstbäume passte. Die lateinische Bezeichnung lautet daher „prunus pseudo-cerasus“ („Pseudo-Kirsche“).
In seinem Garten „The Grange“ in Benenden in Kent (etwa 20 Kilometer östlich von Tunbridge Wells) legte Ingram jeden Tag selbst Hand an, kreuzte Sorten und schuf neue Varietäten. So baute er die größte Sammlung von Kirschbaumvarietäten außerhalb Japans auf. Im Gärtnern sah er den Reiz einer Schatzsuche, im Kreuzen von Sorten die „aufregendste Form des Glücksspiels“ (S. 23, 190). Regelmäßig machte er seinen Garten der Öffentlichkeit zugänglich, und Zeitzeugen erinnern sich an einen Märchengarten: „Man hatte das Gefühl, von Feen hineingelockt zu werden.“ (S. 194). Schließlich schickte er Setzlinge von Varietäten nach Japan, die in Japan selbst als ausgestorben galten.
Der Spezialist
Im Frühjahr 1926 reiste er zum dritten Mal nach Japan. Vor allem seine japanischen Freunde hatten ihm diese Reise organisiert, eine wahre „Sakura-Pilgerreise“ (sakura angya, angya: Wanderschaft von Mönchen und Nonnen zur Vorbereitung auf die Tätigkeit als spiritueller Lehrer/in und Meister/in, S. 129).
11. Hanami im Ueno-Park, um 1900. Schon im Jahr 812 hatte der Kaiserhof eine erste Kirschblütenschau veranstaltet, nun wurde es vom Volk gefeiert (S. 96).
Ingram besuchte die berühmtesten Kirschblütenorte, sammelte neue Varietäten und traf sich mit den wichtigsten Experten und Hütern von Kirschbäumen (sakura mori), passionierten Einzelgängern, deren Initiativen dazu beitrugen, dass verschiedene Varietäten gerettet wurden. Es waren Gleichgesinnte von Ingram, deren spannende Geschichten Abe in das Buch einfließen lässt (wie Seikaku Funatsu oder Tōemon Sano).
12. Der Berg Yoshino wird als Ursprungsort für die heute verbreitete Varietät Somei-Yoshino gesehen.
Ingram sprach mit Angehörigen der obersten Gesellschaftsschicht: Mitgliedern des Kaiserhauses, Wirtschaftsmagnaten und Spitzenpolitikern, Spezialisten und Botanikern (S. 22). Ihm zu Ehren wurden Bankette abgehalten, und er hielt eine Rede, in der er auf die Gefahr des Verschwindens von Kirschbaum-Varietäten hinwies.
Seine weltweit anerkannte Expertise zur Klassifizierung, Vermehrung und Kreuzung von Kirschen brachte ihm schließlich den Beinamen „Cherry“ ein.
13. Die Varietät Taihaku war in Japan selbst nicht mehr aufzufinden und wurde von Collingwood Ingram nach Japan zurückgebracht.
14. Für die Varietät Kanzan, die man in Europa sehr häufig antrifft, hatte Collingwood nur negative Bezeichnungen übrig: „Protzig. Vulgär. Obszön.“ (S. 199).
Die Kultivierung der Zierkirsche
In freier Wildbahn hatten sich weltweit rund hundert verschiedene Wildkirschenspezies entwickelt (S. 92). Die bergige Landschaft Japans mit ihren unterschiedlichen klimatischen Bedingungen auf engstem Raum förderte die Kreuzung nicht nur von Wildkirschen, sondern auch die Züchtung von Hunderten neuer Kirschbaumvarietäten.
15. Die japanische Bergkirsche (yama-zakura) war ursprünglich die populärste Wildform in Japan (S. 94).
16. Eine Usuzumi-zakura („Helle-Tusche-Kirsche“), deren Alter auf 1.500 Jahre geschätzt wird. Der Kirschbaum wurde zum Nationaldenkmal erklärt.
Naoko Abe berichtet von einer bemerkenswerten Rettungsaktion des Baumes nach dem Zweiten Weltkrieg: „Nur eine Radikaloperation des Zahnarztes und Amateurbotanikers Toshiyuki Maeda aus Gifu rettete ihm das Leben. Maeda und sein Team aus dreiundsiebzig Mitarbeitern ersetzten 238 seiner Wurzeln, die von weißen Ameisen befallen waren, durch jüngere Wurzeln anderer Bäume, so dass der alte Baum praktisch durch aufgepfropfte junge Wurzeltriebe gestützt wurde.“ (S. 346).
Schon in der Heian-Zeit (794-1185), besonders aber während der Edo-Zeit (1600-1868) legten Angehörige des Adels Gärten mit einer großen Vielfalt an Kirschbaumsorten an. Mit dem Beginn der Moderne wurden die meisten Daimyō, die ehemaligen Züchter, mittellos. Von staatlicher Seite konzentrierte man sich auf die Anpflanzung vor allem einer Sorte, der Somei-Yoshino. Die Sorte wuchs schnell heran und war robust.
17. Cerasus×yedoensis Somei-yoshino im Botanischen Garten von Kyōto. Diese Varietät ist die vorherrschende in Japan. Abe schreibt, dass sie über die Vielfalt der Zierkirschen verwundert war, als sie nach Großbritannien kam (S. 19).
18. Verlauf der „Kirschblüten-Front“ (sakura zensen) im Jahr 2007, veröffentlicht von der Japan Meteorological Agency. Die Zahlen geben Monat und Tag der Blütenöffnung der Sorte Somei-Yoshino an: 2007 war das zwischen dem 25. März und dem 7. April.
Das Augenmerk war während der rapiden Modernisierung auf anderes gerichtet, es fehlte an Geld, aber auch am politischen Willen, eine breite Varietät an Sorten zu kultivieren, und so wird die zunehmend einschränkende Ideologie während der aufkommenden Militärzeit sogar an der Pflege der Kirschblüte ablesbar. Naoko Abe weist mehrmals darauf hin, dass bei der Zucht und der Pflanzung von Zierkirschen Uniformität gegen Diversität steht.
Abe schreibt: Auch nach dem Zweiten Weltkrieg „kontrastierte das britische Streben nach Vielfalt mit der japanischen Vorliebe für strenge Uniformität.“ (S. 298). 1964, zur Zeit der Olympischen Spiele in Tōkyō, wurde die Sorte Somei-Yoshino erneut zu der Kirschblüte schlechthin.
19. Blütenpracht am Kaiserpalast in Tōkyō
20. Im Tenshochi-Park der Stadt Kitakami (Iwate)
Heute gibt es etwa 350 Varietäten an Zierkirschen weltweit (S. 333). Auch die Nachfahren der Züchtungen von Collingwood Ingram wachsen in Gärten und Parks überall auf der Welt.
Zur Symbolik, die mit der Blüte verbunden ist
Naoko Abe macht deutlich, dass auch Pflanzen bzw. die Vorstellungen, die mit ihnen verbunden werden, politisch sein können. Seit der Meiji-Zeit hatte die Regierung an der Verbreitung einer neuen Symbolik für die Kirschblüte gearbeitet. Stand sie zuvor für Lebendigkeit und Vergänglichkeit, verschoben sich die Vorstellungen von der Kirschblüte im militaristischen Japan der Vorkriegs- und Kriegszeit.
Die Kirschblüte wurde zum bedeutendsten Symbol des Militärs: Während des Pazifikkriegs waren die Blüten kein Zeichen des Lebens, der Fröhlichkeit und Vitalität mehr. Stattdessen standen sie für Vergänglichkeit und Tod, der Blick verengte sich auf die fallenden Blütenblätter (S. 230).
21. Auf den Militärflugzeugen der Kamikaze-Flieger war oft das Symbol der Kirschblüte gezeichnet.
Kirschblüten heute
22. Hanami-Feiern heute …
Heute sind Hanami-Feste vor allem dafür berühmt, dass Japanerinnen und Japaner ausgelassen feiern.
Die Kirschblüte steht nach wie vor für Japan. Das Verschenken und gemeinsame Einpflanzen von Kirschbäumen sind wie eh und je ein symbolischer Akt.
23.-24 … mit zahlreichen Regeln.
25. Kirschbäume am Verlauf der ehemaligen Berliner Mauer, Teltow.
Die Allee geht zurück auf den Sender TV Asahi, der von seinen Zuschauerinnen und Zuschauern nach der Öffnung der Mauer Spenden für die Anpflanzung von mehr als neuntausend Bäumchen sammelte.
Empfehlenswert –
– wegen der sehr schönen Gestaltung des Buches
Unter dem ansprechenden Buchumschlag verbirgt sich der Bucheinband, der in zartem Rosa gehalten ist. Beim Durchblättern fallen Fotos von Blüten und wunderbare Aquarelle von Ingram und anderen Botanikern ins Auge. So wird beispielsweise jedes Kapitel durch eine Skizze aus Tagebüchern von Ingram eröffnet. In der Mitte des Buches gibt es 16 Seiten mit Abbildungen in Schwarzweiß und in Farbe, darunter Originalfotos von Ingrams Japanreise.
– wegen der äußerst gelungenen Präsentation der Forschungsergebnisse
Naoko Abe führt die Leserinnen und Leser über einen aktuellen Anknüpfungspunkt in die Thematik ein: mit der Schilderung einer Baumpflanzzeremonie, die der englische Prinz William im Februar 2015 in der Nähe des Kaiserpalasts in Tōkyō vollzog (S, 15).
Danach vermittelt sie mit großem erzählerischen Geschick die Informationen, die sie gesammelt hat, wandert kunstvoll zwischen den einzelnen Schauplätzen der Gegenwart und Vergangenheit hin und her.
Immer wieder fokussiert sie sich in ihrer Darstellung auf Einzelpersonen, um den Horizont dann erneut auf Ereignisse der „großen“ Geschichte zu richten. 1902 fiel beispielsweise Ingrams erster Aufenthalt in Japan mit der Unterzeichnung der Anglo-Japanischen Allianz zusammen.
26. Im Shakujii-Park, Tōkyō.
Anschaulichkeit ist ihr dabei sehr wichtig. Gemeinsam mit den aus dem umfangreichen Nachlass ausgewählten, sehr poetischen Texten von Ingram (z.B. S. 79 oder 152) lassen Abes Beschreibungen Szenen bildhaft vor Augen treten.
27. Am Kamo-Fluss in Kyōto.
So entstand ein eng gewobenes Netz an zahlreichen Einzelgeschichten von besonderen Persönlichkeiten, gespickt mit aufschlussreichen Details, wie beispielsweise die Beschreibung der vielen Versuche Ingrams, die gezüchteten Kirschblütenzweige unbeschädigt nach Japan zu verschiffen: über welche Route, mit oder ohne Thermoskanne (wegen der Temperatur), in Moos oder Kartoffeln gebettet (für die Feuchtigkeit).
– wegen der Wahl des Themas:
eine besondere Persönlichkeit, deren Biografie Licht auf die „große“ Geschichte wirft
Zusammenfassend sagt Peter Kellett über Collingwood Ingram: „’Cherry’ war der Letzte einer Spezies vornehmer, reicher Müßiggänger der edwardianischen Ära, die als Amateure in einer wissenschaftlichen Disziplin begannen und dann Experten wurden“ (S. 320).
Im Zuge ihrer Recherchen gelang es Naoko Abe, den Kontakt zu hervorragenden Interviewpartnerinnen und -partnern herzustellen, die ihr teilweise umfangreiche Dokumente und Aufzeichnungen überließen.
Um die zeitgenössischen Hintergründe zu erklären, rekapituliert sie die japanische Geschichte von der Sengoku-Zeit (Zeit der streitenden Reiche, 1477-1600) bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, auch die besondere Leistung der Ärzte, die unter niederländischer Flagge in Dejima verweilten und botanische Studien betrieben (wie Engelbert Kaempfer). Sie flicht in ihre Darstellung die wichtigen kulturellen Konzepte und bedeutende Slogans der Zeit ein und erklärt sie vor dem historischen Hintergrund (wie beispielsweise bushidō [wörtl. „Weg des Kriegers“] und Yamato damashii [wörtl. „Geist der Yamato“], S. 233; ichioku isshin [wörtl. „Hundert Millionen Menschen, eine Seele“], S. 247).
So ist das Buch einerseits eine sehr anschauliche Landeskunde, erzählt als Geschichte der Blüte als nationalem Symbol Japans. Andererseits eine perfekt in das Zeitgeschehen eingebettete Biografie einer schillernden Persönlichkeit. Eine Reise voller Abenteuer, der es lohnt zu folgen.
Susanne Phillipps
(21.03.2023, Ausgabe 10)
Anmerkungen:
Fotos von Collingwood Ingram und Dokumente aus seinem Leben stellt Ernest Pollard, der Ehemann einer Enkelin von Ingram, auf seiner Webseite zu Verfügung.
Einen Eindruck von Collingwood Ingrams Garten heute vermittelt die Webseite von „The Grange“. Nach Ingrams Tod wechselte das Anwesen mehrmals die Besitzer, eine Zeit lang arbeitete hier der Musiker Alan Parson, der sich auf dem Anwesen ein Tonstudio einrichtete (S. 321).
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Bildnachweis
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Buch-Arrangement Hanami: Von Susanne Phillipps – Eigenes Werk
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10: By Yokohama Ueki Kabushiki Kaisha. – https://www.flickr.com/photos/biodivlibrary/15959666466, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42636362
11: By Scan by NYPL – https://digitalcollections.nypl.org/items/c261ef12-e4ff-3577-e040-e00a18067776, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50086474
12: Von Tawashi2006 – Eigenes Werk, CC BY 2.1 jp, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3870045
13: By SLIMHANNYA – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=90446261
14: By Radomianin – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=101638009
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22: Von Susanne Phillipps – Eigenes Werk
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